cineclub Newsletter abonnieren

cineclub News

03.11.2016

Die „”nostalgische Bustour - Wallers letzter Gang” war ein schöner Erfolg!

Mit einem Oldtimer-Bus (Setra) aus den 60er-Jahren unterwegs zu den Drehorten mit dem Allgäuer Regisseur Christian Wagner. Anschließend gemütliche Einkehr im Dorfgasthof Hirsch / Urlau mit Tante Emma-Laden und danach Filmvorführung im Kino - für die ca. 80 Teilnehmer war es ein beeindruckendes und einmaliges Erlebnis.

 

Hier der Bericht aus der SZ, von Rolf Schneider:

 

Filme über die Entstehungsgeschichte erfolgreicher Filme – neudeutsch „Making of …“ – haben Konjunktur und sind gar oft nichts anderes als verkappte Reklamemethoden. Christian Wagner, Produzent, Drehbuchautor und Regisseur des Kultstreifens „Wallers letzter Gang“, geht neue, andere Wege. Der 1988 entstandene Waller-Film über die Ausmerzung einer Bahnstrecke zwischen Isny und Kempten und das Ende eines Berufs als Streckengeher, über den Abschied einer ganzen Ära schlichtweg, ist Kult. Bayerischer Filmpreis 1988, Bundesfilmpreis in Silber 1989, Bundesfilmpreis in Gold (Kamera) 1989 – die Auszeichnungen häuften sich. Der Waller-Macher ist inzwischen auch so etwas wie eine Institution geworden, weshalb er nun mit dem Projekt „Auf den Spuren von Waller“ durch die betreffenden Lande tourt, eine Mischung aus Spurensuche, Filmerklärung und vergnüglichem Nostalgietrip. Die zwei blitzsauberen Busse aus Taufkirchen und Schwabmünchen, Herstellungsdatum 1960er-Jahre, die vor dem Leutkircher Bahnhof warten, sind eine Hommage an die einst republikweit bekannte Ulmer Firma Kässbohrer. Wagner: „Inzwischen längst schon von Mercedes übernommen.“ Es ist alles original, auch der Henschel-Busmotor mit 125 PS. Als es von der ersten Tourstation, der ehemaligen Film-Produktionszentrale in Seltmanns, hinaufgeht nach Hellengerst, wird schier der eindeutig-zweideutige bajuwarische Spruch „Und ist der Weg auch noch so steil/a bisserl was geht allaweil“ widerlegt, aber bloß schier, obwohl die Aufgabe eine herbe ist und der Motor arg schnaufen muss. Schließlich war der Bahnhof Hellengerst (eröffnet 1909) mit seinen 926 Höhenmetern bis 1926 der höchstgelegene Bahnhof der Deutschen Reichsbahn und heute noch in Faller-Ausführung für Modell-Eisenbahner ein Begriff. Die Tour-Teilnehmer, eine wissende Mischung aus Eisenbahn-Nostalgikern und Cineasten, wissen viel zu berichten von vergangenen Wintern, die noch richtige Winter waren, ehe es weitergeht nach Großholzleute. Waller-Schöpfer Wagner erzählt dort vom einstigen Glanz des Gasthofs „Adler“, von der Akribie des Filmemachens, wo es auf die richtigen Lichtverhältnisse ankommt (oft nur eine Spanne von ganz wenigen Stunden) und auf das richtige Händchen in Finanzsachen. Von Letzteren kündet auch ein Transparent („Der Adler schreit nach einem Pächter.“) über der einst republikweit bekannten Gaststätte, in der die Literaten der „Gruppe 47“ einst Hof hielten. Weil der Körper der Teilnehmer nach Atzung schreit, geht’s kurz vor Tour-Ende nach Urlau, wo der museale Dorfladen zum Besichtigen lädt und der liebevoll restaurierte Gasthof „Hirsch“ zu Kässpatzen und Salat. Doch der Tour-Teilnehmer lebt nicht nur von Allgäuer Schmankerln, weshalb zum Abschluss der Tour im Leutkircher „Central-Theater“ Regisseur Wagner eine Einführung in die Geheimnisse der digitalen Restaurierung alten Filmmaterials gibt und in die neue Sichtweise der neuen Fassung ebenso: „So haben sie den Film noch nie gesehen!“ Auf jeden Fall sind wohl noch nie die Spuren von Waller so still und eindrücklich, so anrührend und nahegehend den Interessierten nahegebracht worden. Wenn es eines Beweises bedurfthätte, ob ein Film von 1988 auch heute noch seinen Reiz hat, durch Digitalisierung vielleicht für die Kenner sogar noch verstärkt, so lieferte ihn dieser Ausflug zwischen Nostalgie und Gegenwart. „Wallers Spuren“ hinterließen tiefe Eindrücke und „Wallers Gang“ bleibt zeitlos.