cineclub Newsletter abonnieren

cineclub News

20.02.2017

Regisseur Valentin Thurn hat in Leutkirch seinen neuen Film „10 Milliarden” vorgestellt

"Kernig", das neue Ernährungsprojekt in Leutkirch, hatte zum Filmabend mit dem Thema "Welternährung" eingeladen, und der Cineclub zeigte sich wieder einmal offen. Diesmal war Valentin Thurn zu Gast, ein Regisseur, der hierzulande kein Unbekannter ist und dessen Film "Taste the Waste" bereits viele gesehen haben. Zu seinem neuesten Dokumentarfilm "10 Milliarden - wie werden wir alle satt" konnte "Kernig"-Projektleiterin Nadine Zettlmeißl den Regisseur, der aus Köln angereist war, sowie mehr als 60 Interessierte im Leutkircher Kino begrüßen.
Im Jahr 2050 wird die Weltbevölkerung auf zehn Milliarden Menschen angewachsen sein. Die Frage, mit der sich Thurn beschäftigte und für deren Antwort er in der ganzen Welt unterwegs war, lautet: Woher soll die Nahrung für alle kommen? Er besuchte Biobauernhöfe, Laborgärten und Forschungsinstitute. Neben Wissenschaftlern, deren Forschungsobjekt die Herstellung von künstlichem Fleisch ist, und den Leitern von riesigen Hühnerzuchtbetrieben in Indien kommen bei Thurn vor allem Menschen zu Wort, die Nahrungsmittel in kleinen Mengen und ökologisch sinnvoll anbauen.


Ein Drittel nur auf den Tellern


Eine überraschende Erkenntnis, die für so manchen Zuschauer neu gewesen sein dürfte: Nur ein Drittel der gesamten weltweiten Nahrungsmittelproduktion landet tatsächlich auf den Tellern, der Rest wird weggeworfen oder vernichtet, zur Fleisch- und Milchproduktion an Tiere verfüttert oder zur Energiegewinnung verarbeitet.
Ihn selbst habe vor allem überrascht, so der Regisseur in der anschließenden lebhaften Diskussion mit den Zuschauern, dass "75 bis 80 Prozent der Weltbevölkerung bereits von Kleinbauern ernährt werden." Das wüssten viele Menschen nicht, weshalb sie die falschen Schlüsse für ihre Ernährung ziehen würden, sagte Thurn: "Dass die großen Weltkonzerne bei der Ernährung so viel Macht haben, müsste nicht sein und liegt eben auch an den Verbrauchern." Die Massenware "Hähnchen für 2,99 Euro aus dem Supermarkt" sei schließlich nur industriell herstellbar, "vieles spricht aber für die kleinbäuerlichen Ökomodelle".
Eine afrikanische Biobäuerin und eine indische Saatgutproduzentin überzeugen im Film mit ihrer Konsequenz. Der Mutmachfilm, wie er schon bezeichnet wurde, bietet ganz konkrete Lösungen. Viele Menschen sorgen sich weltweit um Nahrung und Nahrungsbeschaffung, und es sind oft die naheliegenden, kleinen Lösungen, die Erfolg versprechen. "Wenn in Afrika mehrere Sorten Gemüse angepflanzt werden, ist es nicht so schlimm, wenn eine davon nicht gedeiht", sagte der Regisseur. Bei Monokulturen würde dies gleich eine Hungersnot bedeuten.
Aber auch deutsche Projekte wie "die essbare Stadt", bei denen freie Flächen in Großstädten statt mit Zier- mit Gemüsepflanzen bestückt werden, deren Früchte dann jeder Bürger ernten kann, würden zunehmen - auch weltweit. Jeder Einzelne, so der Experte in Sachen Welternährung, sei mitverantwortlich.
Die Anwesenden, unter denen auch Vertreter von "Food sharing" saßen, waren sich im Grunde einig und dankten Valentin Thurn zum Abschluss mit viel Applaus: Weniger verschwenden, mehr jahreszeitlich passende und vor allem vom regionalen Anbieter produzierte Ware kaufen, das sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

(Foto und Bericht SZ, Christine King)